- Dieses Thema hat 6 Antworten und 2 Teilnehmer, und wurde zuletzt aktualisiert vor 1 Jahr von Teufelskomet.
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TeufelskometTeilnehmer2 punkteRang:
LithiumHallo Community,
Es soll Al in HCl gebeizt werden, um eine bestimmte Oberflächenstruktur zu erzeugen. Die HCl-Beize ist für Al eher untypisch und deshalb habe ich bisher in der Literatur nichts dazu gefunden.
Mich interessiert besonders welche Beizinhibitoren / Störstoffe bekannt sind.
Zu den üblichen NaOH-Beizen sind ja beispielsweise die min. und max. Konzentrationen von Al bekannt. Gibt es so was auch für HCl-Beizen? Wenn ich wenigstens die möglichen Störstoffe kenne, könnte ich zur Not die Störgrenzkonzentrationen selbst ermitteln.
Hat Jemand Infos dazu oder eine Idee wo ich etwas finden könnte?
Gruß
AdminAdministrator36 punkteRang:
CobaltHallo Teufelskomet,
praktische Erfahrungen habe ich damit nicht, aber hier ein paar Überlegungen. Das Beizen von Aluminium in Salzsäure wird eher selten verwendet. Da es bei Dir um Oberflächenstrukturen geht, nehme ich an, dass es eher um ein dekoratives Ätzen geht. Ist das richtig? Der optische Eindruck entsteht durch den ungleichmäßigen Angriff der Salzsäure, welcher je nach Legierung auch ganz verschieden ausfallen dürfte.
Zum dekorativen Ätzen gibt es unterschiedliche Möglichkeiten (weiter unten), aber zunächst zur eigentlichen Frage.
Mit steigender Al-Konzentration wird sich dies inhibierend auswirken und somit den optischen Effekt verändern. Genaue Angaben konnte ich dazu auch nicht finden, weshalb ein Versuch im Becherglas interessant wäre. Außerdem kann ich mir gut vorstellen, dass sich Kupfer bereits bei geringeren Mengen als störend auswirkt, wobei es sogar Ätzprozesse gibt, bei denen Kupfersulfat zumindest bei Reinaluminium benötigt wird.
Ein chemisches Verfahren zum Mattätzen von mechanisch poliertem Aluminium oder einer Legierung besteht aus dem Tauchen in eine 5 %ige Ammoniumhydrogenfluoridlösung bei 50 °C. Hier wird bei Reinaluminium 0,02 % Kupfersulfat zugesetzt. Die polierten Teile werden in organischem Lösemittel und einer alkalischen Entfettungslösung gereinigt, in Salpetersäure getaucht und danach in die Ätzlösung eingebracht. Nach anfänglicher Wasserstoffentwicklung bildet sich auf der Oberfläche ein Aluminiumfluoridfilm und die Reaktion kommt zum Stillstand. Nach dem Spülen wird der Fluoridfilm durch Tauchen in 50 %ige Salpetersäure entfernt und es wird 5 μm dick anodisiert.
Es gibt noch folgende Methode:
105 g/L Ammoniumfluorid
56 g/L Fluorwasserstoffsäure
15 g/L Salpetersäure
0,03 g/L BleinitratDamit wird ein besonders ansehnlicher Seidenglanz erzielt. Mit dieser Mischung wird das Bloßlegen der Kristallebenen verhindert und es tritt verstärkte Ätzwirkung auf. Es besteht allerdings ausschließlich aus Bestandteilen, die heute aus Umweltschutzgründen unerwünscht sind.
Einheitliche Mattierungen werden mit einem elektrolytischen Verfahren erzielt, bei dem die Oberfläche mit Wechselstrom in Salpetersäure oder vorzugsweise Salzsäure behandelt wird. Durch anhaftendes Aluminium und Aluminiumchlorid erscheint die elektrolytisch salzsauer mattierte Oberfläche deutlich und deckend grau. Der graue Belag wird bei einer nachträglichen anodischen Oxidation in die Schicht eingebaut, wodurch das graue Aussehen dauerhaft beibehalten wird. Er kann aber auch durch Beizen oder chemisches Glänzen vor dem Anodisieren entfernt werden.
Die entfetteten und leicht gebeizten Teile werden in eine Lösung von 3 bis 20 g/L (optimal 5 g/L) Salzsäure oder 5 bis 30 g/L (optimal 8 g/L) Salpetersäure getaucht und bei Raumtemperatur 4 bis 15 Minuten lang mit Wechselstrom (50 Hz) bei 1,5 bis 2,5 A/dm2 behandelt. Die anfängliche Spannung von 15 V steigt bis zum Behandlungsende auf ca. 30 V an.
Das Verfahren wird auch zum Konditionieren von Lithographieblechen und Offset-Folien verwendet, als Vorstufe zur Erzeugung des sogenannten Flitter-Finish oder zur Herstellung von anodisch oxidierten Aluminiumoberflächen, die mit Kugelschreiber dauerhaft beschreibbar sind (z. B. für Anhänger).
Der Flitter-Finish-Effekt zeichnet sich durch eine glänzende und dabei gekörnte Oberfläche aus, die dadurch ein glitzerndes Aussehen erhält und sehr lebhaft wirkt. Dieses wird erzielt, indem zuerst in Natronlauge gebeizt, dann im Wechselstrom-Salzsäure-Verfahren mattiert und anschließend in einem chemischen oder elektrolytischen Glänzbad geglänzt und nach dem GS-Verfahren anodisiert wird. Durch Änderung der Intensität und Dauer der Mattierung können verschiedene Variationen erzielt werden.
TeufelskometTeilnehmerTeilnehmer2 punkteRang:
LithiumHallo Admin,
vielen Dank für die schnelle Reaktion. Es zeigt mir, das ich nicht zu dusselig war entsprechende Literatur zu finden. Das hilft zumindest dem Ego.
Allerdings ist das Ziel des Ätzprozesses keine dekorative Oberläche sondern eine technische. Es entstehen bei dem Ätzprozess mit HCl geometrische Formen auf der Oberfläche (im Bereich weniger µm), die in einem späteren (nicht galvanischen) Beschichtungsprozess benötigt werden. Daher kann ich keine Alternative vorschlagen.
Ich wollte mir gern in diesem Fall den Laborversuch ersparen, da jedesmal eine mikroskopische Untersuchung notwendig ist, um zu prüfen, ob die gewünschte geometrische Struktur noch ausgebildet wird. Danke für den Tipp mit dem Cu.
Wie empfindlich könnte denn die mit HCl gebeizte Al-Oberfläche sein? Wenn nach der Beize gespült und getrocknet wird und dann ohne weitere Beschichtung die Teile gelagert werden, kommt es zu Wechselwirkungen mit der Luft? Bildet sich eine Oxidschicht?
Gruß
Teuelskomet
AdminAdministrator36 punkteRang:
CobaltDie Oxidschicht wird sich spätestens bei der Trocknung bilden, die erste “Lage” bereits in der Spüle. Dies ist der Grund, warum für die Galvanisierung Zinkatbeizen oder Stanatbeizen eingesetzt werden.
Diese Schicht wird mit Dauer der Lagerung wachsen, wobei die Geschwindigkeit vorwiegend von Temperatur, Oberflächenzustand (insbesondere Rauheit) und Luftfeuchtigkeit abhängt. Diese natürliche Oxidschicht ist sehr dicht aber nur wenige Nanometer dick.
Je nach dem Feuchtegehalt der Luft und der Zusammensetzung des berührenden Wassers unterscheiden sich der Schichtaufbau und die Schichtdicke. An Luft wächst die Schicht mit einer Bildungsgeschwindigkeit von etwa 1,5 bis 2 nm pro Tag bis auf etwa 10 nm an. Unter Witterungseinfluss wächst sie auch noch weiter, ist dann aber nicht mehr durchsichtig, sondern matt weiß. Es handelt sich nicht mehr um das durchsichtige Böhmit, sondern um Hydrargillit bzw. Bayerit.
Auf Magnesiumhaltigen Legierungen wächst die Schicht bei höheren Temperaturen deutlich schneller als auf nicht Magnesiumhaltigen. Dann diffundieren die Magnesiumionen nach außen und bilden auf der Oberfläche eine MgO-reiche Schicht.
Auf die Gefahr hin, als Schlaumeier abgestempelt zu werden: Nur, weil ein Verfahren vorwiegend aus dekorativen Gründen angewendet wird, schließt es nicht aus, dass es “zufällig” auch die passenden technischen Eigenschaften aufweist. Das wird in Deinem Fall höchstwahrscheinlich nicht zutreffen, aber man weiß nie, wer mitließt und eine Inspiration gebrauchen kann. 🙂
TeufelskometTeilnehmerTeilnehmer2 punkteRang:
LithiumHallo Admin,
danke für die Infos. Das ist ein wirklich ganz neues Verfahren, das zudem nicht aus der Oberflächentechnik stammt, sondern aus der Fügetechnik. Ich muss mich da langsam an die Prozessparameter rantasten.
Eine Schichtdicke gemittelt über die Oberfläche von 10 nm sind immerhin 0,01 Mikrometer, das ist bei einer geforderten geometrischen Struktur von vielleicht 1 Mikrometer zumindest ein beachtenswerter Faktor.
Danke für die konstruktive Diskussion.
Dieser Beitrag hat 1 vote up erhalten.AdminAdministrator36 punkteRang:
CobaltSehr gerne. Und danke für das Feedback. Klingt nach einer spannenden Aufgabe.
An feuchter Luft wächst die Schicht in anderer Form als an trockener Luft. Sie zeigt dann schon eine ähnliche Form wie die technisch erzeugten Schichten. Sie besteht aus zwei unterschiedlichen Strukturen. Die untere Sperrschicht ist amorph und besteht aus Aluminiumoxid. Die obere Deckschicht ist porös und besteht aus Aluminiumoxid und –hydroxid. Auf Grund ihrer Porosität kann sie Schmutzteilchen aufnehmen und erhält dadurch ein schmutzig-graues Aussehen (Verwitterung). Ihre Gesamtdicke wird mit 4 – 10 nm angegeben. Das noch als Ergänzung zum Thema “empfindlichkeit der Oberfläche”.
Auch in Wasser bildet sich die Doppelschicht aus.
Da es bei der Beständigkeit des Aluminiums in Wirklichkeit auf die Beständigkeit der Passivschicht ankommt, muss man die physikalisch-chemischen Eigenschaften der verschiedenen Oxide, Hydroxide und Oxidhydroxide des Aluminiums beachten.
Noch kurz etwas zu den Legierungen. Historisch bedingt wurden die Legierungen mehr in Richtung auf ihre Festigkeit, als auf die Aloxidierfähigkeit entwickelt. Da Aluminium ein weiches Metall ist, wurden seine Einsatzgrenzen dadurch stark erweitert. Die Härte wird durch die Zugabe von Legierungselementen (Mischkristallverfestigung) und eine anschließende Kaltverfestigung oder thermische Behandlung (Aushärtebehandlung) erreicht. Man teilt die Legierungen deshalb in aushärtbare und nicht aushärtbare (naturharte; AlMgMn, AlMn, AlMg) ein. Ausscheidungshärtung tritt ein, wenn sich die Legierungselemente, und insbesondere deren intermetallische Verbindungen, in kleinen Gebieten anreichern. An der Werkstückoberfläche führt das zur mangelnden Isolierfestigkeit der Oxidschicht. D. h. das sich bei unterschiedlichen Legierungen auch die Oxidschicht unterschiedlich ausbilden kann.
Je nach Legierungsbestandteile kann bzw. wird sich das auch auf das Beizverhalten/Ätzen auswirken. Hinzu kommen Schwankungen in der Produktion (also bevor Du die Teile bekommst) und ggf. an der Oberfläche anhaftende, ein- oder ausdiffundierte Verunreinigungen. Damit Du eine gleichbleibende hohe Qualität – die mit sehr engen Toleranzen verbunden ist – einhalten kannst, muss ein möglichst gleichbleibendes Gefüge vor der HCl-Beize gewährleistet werden. Erfahrungsgemäß funktioniert das nur, wenn die ganze Prozesskette darauf abgestimmt wird und alle Beteiligten Firmen/Personen um die Wichtigkeit wissen. Ansonsten heißt es “Shit in, Shit out”.
Bei so geringen Toleranzen (<= 1 µm) wird es wohl auch auf die Balance zwischen HCl-Konzentration und Behandlungsdauer ankommen. Meiner Erfahrung nach geht man dazu über, dass man die Lösungen geringer konzentriert und dafür die Behandlungszeit erhöht – sofern sich damit das gleiche Resultat erreichen lässt. Im umgekehrten Fall (höhere Konzentration, geringere Zeit) hat man das Problem, dass Überhebzeiten (in die Spüle) sowie Raumtemperatur eine immer stärkere Rolle spielen, je konzentrierter die Beizlösung ist. Hier ist also “Eile mit Weile” angesagt.
TeufelskometTeilnehmerTeilnehmer2 punkteRang:
LithiumHallo Admin,
genau das “shit in-shit out” ist bei mir im Fokus. Die Teile durchlaufen bis zur E0 bzw. E6 Beize die übliche Eloxalvorbehandlung. Das lässt sich händeln. Um die darauf folgende Spültechnik auf die Empfindlichkeiten der HCl-Beize abzustimmen, muss ich erst einmal deren Empfindlichkeiten kennen. Danach muss die Oberfläche des Werkstücks komplexe geometrische Strukturen haben. Qualitätskontrolle? Neben der Analyse möglicher Störstoffe ergibt sich auch die Frage ob Beizangriff und Strukturentwicklung parallel verlaufen. Demnach die analytische Überprüfung des HCl-Gehalts ausreicht um die Funktionsfähigkeit der Beize zu bestätigen. Kommt aus der Beize “shit raus”, heißt das bei der Aufbringung der eigentlichen Oberfläche “Shit in – shit out”. Wenn allerdings erst am Endprodukt der Fehler auffällt, sind die Kosten schon den Bach runter.
Daher sind die Schnittstellen von der E6 – HCl-Beize und Beize-Endoberfläche für mich extrem wichtig. Dazu sind deine Infos zur Schichtänderung nach der Beize-vor dem nächsten Schritt für mich sehr wertvoll.
Danke
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