- Dieses Thema hat 2 Antworten und 2 Teilnehmer, und wurde zuletzt aktualisiert vor 3 Jahren, 9 Monaten von Adam Weishaupt.
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Adam WeishauptTeilnehmer4 punkteRang:
ManganEin Kunde schickte uns mehrere Tonnen von vernickelten Stahlschrauben, die wir entnickeln und neu vernickeln sollen. Die Schrauben wurden in Asien (niemand wollte uns sagen, woher sie genau stammen) produziert und beschichtet. Nach Transport und Lagerung weisen die Teile Blasen, Überlappungen, Korrosion und regelrechte Späne von Nickel auf. Die Schichtdicke geht von 2 bis 20 µm, weshalb teilweise das Feingewinde nicht gängig ist. Da wir uns vor allem um das Gewinde Sorgen, wüssten wir gerne, welches Entschichtungsverfahren was taugen.
Dieser Beitrag hat 2 votes up erhalten.AdminAdministrator36 punkteRang:
CobaltBei der geschilderten Problematik ist nicht nur auf die technische, sondern auch auf die kaufmännische Seite zu achten. Diese hängt vom Arbeitsaufwand, den Bedingungen in der Galvanik und letztlich von den Entsorgungskosten ab.
Nickel kann elektrolytisch und chemisch von Stahl abgezogen werden.
Zur Anwendung kommt eine Schwefelsäurelösung mit einer Konzentration von 700 g/L. Die Stromdichte beträgt, je nach Geometrie, Trommel und Gleichrichter, 2-10 A/dm2. Der Elektrolyt wird bei Raumtemperatur betrieben.
Das Handling mit der konz. Schwefelsäure kann in Anbetracht der geschilderten Masse, problematisch sein. Gleiches gilt für die Temperatur. Eine Kühlung – um gleichbleibende Bedingungen zu erhalten – ist empfehlenswert. Wenn die Schrauben sauber sind, können sie direkt in die Lösung eingetaucht werden. Ist die Oberfläche von Schmutz befallen, muss sie vorher gereinigt werden. Es ist zwingend darauf zu achten, dass nicht nass in nass eingetaucht wird, weil eine exotherme Reaktion der Schwefelsäure erfolgt. Dies bedeutet, dass Sie eine Zwischentrocknung einkalkulieren müssen.
Beim chemischen Verfahren kommt eine cyanidische Lösung zum Einsatz.
- 45 g/L 3-Nitrobenzoesäure
- 100 g/L Natriumcyanid
- 10 g/L Natriumhydroxid
Das Verfahren kann bei Raumtemperatur betrieben werden, die Auflösung von Nickel wird aber durch höhere Temperaturen massiv gesteigert. Bei RT werden 3 µm pro Stunde, bei 75-80°C 1µm pro Minute gelöst. Mit zunehmendem Gehalt an abgezogenem Metall verringern sich die Ablösegeschwindigkeiten. Um die Salze gut lösen zu können, wird das Wasser auf 40°C vorgewärmt. In vielen Fällen ist dies die Arbeitstemperatur.
Wichtig: Es darf für den Ansatz kein Kaliumcyanid verwendet werden, da es sonst zu Aussulzungen kommen kann und der Stripper dann unbrauchbar ist.
Mit steigender Temperatur wird die Nitrobenzoesäure zersetzt. Deshalb sollte die Lösung bei Ruhepausen, wie etwa Wochenenden, nicht beheizt werden. Wenn beim Entnickeln Schlammbildung in größerer Menge beginnt, bedeutet dies, dass ein Neuansatz notwendig wird. Bei einer mittleren Schichtdicke von 15 µm Nickel kann man mit 100 Liter dieser Lösung circa 10 m2 entschichten. Der Cyanidgehalt sollte möglichst konstant gehalten werden. Sowohl eine höhere als auch niedrigere Konzentration können Poren im Stahl hervorrufen. Dieser Gefahr kann durch Konvektion etwas entgegengewirkt werden.
Eine gute Absaugung ist in beiden Fällen Grundvoraussetzung. Beim Verfahren mit der Schwefelsäure empfehlen wir ausschließlich Trommeln, die zusätzlich abgedeckt werden, um ein Herausspritzen der Lösung zu vermeiden. Hierbei sind Trommeln zu bevorzugen, deren Drehgeschwindigkeit reguliert werden kann. Halten Sie die Geschwindigkeit möglichst gering um das Gewinde zu schonen.
Für die cyanidhaltige Lösung sind Trommeln ebenfalls gut geeignet. Kleinere Mengen können auch in Glocken behandelt werden, was die Zwischenkontrollen erleichtert.
Nach der Behandlung sind die Schrauben zu spülen. Beim Schwefelsäureverfahren ist eine letzte Spülung in verdünnter Natronlauge ratsam, um Flugrost bei der Trocknung und Zwischenlagerung zu minimieren, falls die Teile nicht sofort neu vernickelt werden.
Die von Ihnen erwähnten Schwankungen erhöhen den Kontrollaufwand. Zwischen- und vor allem Endkontrollen sind wichtig. Meistens reicht eine optische Kontrolle, da sich das Nickel vom Stahl deutlich unterscheiden lassen sollte. Um die Prozesssicherheit zu erhöhen, legt man i. d. R. ein paar Teile unter ein RFA und fragt das Spektrum ab. Ist kein RFA vorhanden, kann auch ein Schnelltest auf Nickel aushelfen.
Die verbrauchten Lösungen sind Konzentrate und entsprechend zu behandeln. Wir raten – vor allem bei der cyanidischen Lösung – diese extern entsorgen zu lassen. In der Praxis erweist sich dies oft als Problem, da Entsorger vorher eine Probe haben möchten um einen Preis zu offerieren. Vor dem Preis können Sie aber nicht anfangen zu arbeiten, weil Sie für die Dienstleistung (entschichten und neu beschichten) vorab eine Offerte abgeben müssen. Kompromiss: Bis auf die Entsorgung können Sie den Preis relativ gut berechnen. Geben Sie diesen an den Kunden mit dem Vermerk durch, dass Sie die entstehenden Entsorgungskosten 1:1 weiterreichen. Dies sollte für beide Seiten die beste Lösung darstellen.
Dieser Beitrag hat 1 vote up erhalten.Adam WeishauptTeilnehmerTeilnehmer4 punkteRang:
ManganDanke für die ausführlichen Informationen. Das hilft uns sicher weiter. 💡
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